Der 6. Sinn bei Katzen
So weiß deine Katze, wo du bist – auch wenn sie dich nicht sehen kann
Einem alten Sprichwort zufolge sollen Katzen neun Leben haben. Wir werden auch immer wieder in unsere Tierarzt Praxis in Stuttgart gefragt, ob es den stimmt, dass Katzen auch einen sechsten Sinn besitzen? Die Tiere scheinen immer zu wissen, wo man gerade ist. Forscher haben eine Erklärung dafür gefunden.
Es ist wie die tierische Version des Kinderspiels Marco Polo: Mitten in der Nacht fängt deine Katze an zu miauen, als ob sie nach dir suchen würde. Als liebevoller Katzenhalter, der du bist, antwortest du bestimmt auf das Maunzen. „Hier bin ich!“, rufst du und das Haustier kommt angerannt. Aber selbst wenn du zu faul oder zu genervt bist von dem Jammern deines Haustiers, findet dich das Tier meistens. Woher weiß deine Katze, wo du bist, wenn sie dich nicht sehen kann?
Dieser Frage sind Forscher der Universität Kyoto in Japan nachgegangen. Mithilfe von drei Experimenten fanden sie die Antwort heraus. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Wissenschaftler im Fachjournal „PLOS ONE“. Bevor wir dir die Auflösung verraten, wollen wir aber Folgendes von dir wissen:
Verfügen Katzen über eine sozial-räumliche Kognition?
Dass Katzen Objektpermanenz besitzen, haben bereits andere Studien bewiesen. Objektpermanenz beschreibt die Fähigkeit zu wissen, dass Objekte oder Personen weiter existieren, auch wenn man sie nicht direkt wahrnimmt. Bislang war jedoch unklar, ob Katzen nicht nur wissen, dass da trotzdem etwas ist, sondern sich auch vorstellen können, wer oder was da gerade ist. Letzteres nennt man sozial-räumliche Kognition: die Fähigkeit, die eigene Umgebung und sich darin bewegende Lebewesen räumlich vorstellen können.
Meistens tragen verschiedene Sinne wie Sehsinn, Hörsinn und Geruchssinn zur sozial-räumlichen Kognition bei. So ist es zumindest bei uns Menschen. Das Forschungsteam aus Tokio wollte aber die kognitiven Fähigkeiten von Katzen speziell in Bezug auf auditive Reize testen.
Dazu führte die Katzenbesitzerin und Wissenschaftlerin Saho Takagi mit ihren Kollegen drei Experimente durch. Im ersten Versuch wurden 27 Katzen aus Katzencafés sowie 23 Hauskatzen einzeln in ein Zimmer gesetzt, das sie kannten – entweder im Café oder in der eigenen Wohnung. Außerhalb des Zimmers bauten die Wissenschaftler neben der Tür einen Lautsprecher auf. Im Raum selbst stellten sie fünf Kameras sowie einen weiteren Lautsprecher in der Nähe eines Fensters oder einer anderen Tür auf.
Die Katzen bekamen ein paar Minuten Zeit, den Raum zu erkunden. Danach begann die Gewöhnungsphase: Die Forscher spielten mehrmals eine Audioaufnahme über den externen Lautsprecher ab, in der eine Bezugsperson der Katze den Namen des Haustiers sagte. Im Anschluss probierten die Wissenschaftler vier Szenarien aus. Sie spielten…
… die Stimme einer fremden Person über denselben Lautsprecher
… die Stimme der Bezugsperson über den anderen Lautsprecher im Testzimmer und
… die Stimme des Fremden über den Lautsprecher im Testzimmer.
Katzen stellen sich ihre Besitzer räumlich vor
Im Fokus des Experiments standen dabei die Reaktionen der Katzen: Wirkten die Haustiere überrascht, die verschiedenen Aufnahmen zu hören, oder nicht? Um dies einzuschätzen, wurden acht Außenstehende gebeten, das Verhalten der Tiere in jedem Szenario zu betrachten und die Überraschung der Vierbeiner auf einer Punkteskala von null bis vier zu beurteilen. Die Jury sollte vor allem darauf achten, ob die Katzen ihre Ohren bewegten und ob sie im Raum hin und her blickten.