Wenn das geliebte Haustier zum Existenzrisiko wird
Jeder zweite Hund ist nicht haftpflichtversichert. Im Ernstfall zahlt dann ihr Halter für den Schaden – und das kann schnell in die Millionen gehen.
Sie sind Spielkamerad, treuer Freund, manchmal sogar Partnerersatz – und ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor: 5,3 Millionen Hunde leben nach Schätzungen des Industrieverbands Heimtierbedarf in Deutschland.
Rund fünf Milliarden Euro geben ihre Halter einer Studie der Universität Göttingen zufolge jedes Jahr für Futter, Versicherungen, Tierarztbesuche, Arzneimittel , Spielzeug, Hundesteuer und Betreuung aus.
Eine gewaltige Summe: „Das entspricht einem Fünftel des Beitrags der gesamten Landwirtschaft zum Bruttoinlandsprodukt“, haben die Ökonomen Renate Ohr und Götz Zeddies ermittelt. Doch nicht jeder Euro, den Hundebesitzer für ihren vierbeinigen Liebling aufwenden, ist gut angelegt. „Viele Halter sparen an der falschen Stelle und werfen ihr Geld bei anderen Dingen zum Fenster hinaus“, weiß Peter Grieble, Versicherungsexperte der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.
Gespart wird vor allem bei der Hundehaftpflichtversicherung. „Nur etwa jeder zweite Halter in Deutschland hat eine solche Police abgeschlossen“, sagt Jürgen Großkrüger, Prokurist der auf Tiere und landwirtschaftliche Betriebe spezialisierten Uelzener Versicherung.
Dabei sind Hundehalter in 13 der 16 Bundesländer gesetzlich verpflichtet, eine Haftpflichtversicherung für ihr Tier abzuschließen. Lediglich in Baden-Württemberg, Bayern und Mecklenburg-Vorpommern gilt die Versicherungspflicht nur für Hunde aus als „grundsätzlich gefährlich“ eingestuften Rassen wie American Staffordshire Terrier, Bullterrier, diverse Mastinoarten und Pitbull Terrier. Bei Hunden, die in die Kategorie fallen, erheben die meisten Versicherungen einen Aufschlag bei der Haftpflichtversicherung.
Insbesondere Halter kleinerer Hunde verzichten häufig auf eine Versicherung, weil sie meinen, dass ihr Tier keinen großen Schaden anrichten kann. „Das ist aber ein Irrtum“, sagt Grieble. „Auch ein freilaufender Zwergpudel kann eine Schaf- oder Rinderherde so in Panik versetzen, dass die Tiere auf die Straße laufen und eine Massenkarambolage verursachen.“
Dabei könnten schnell Schäden in Millionenhöhe entstehen, für die unversicherte Halter mit ihrem gesamten Privatvermögen und dem Einkommen oberhalb des Pfändungsfreibetrags haften müssen.
Deshalb rät Grieble, bei der Hundehaftpflichtversicherung eine möglichst hohe Deckungssumme zu wählen. Sparen könnten die Halter, indem sie die Angebote der einzelnen Assekuranzen genau vergleichen. „Es gibt erhebliche Unterschiede bei den Kosten der einzelnen Anbieter“, sagt der Experte.
Kein Recht auf Versicherungen
Trotz des gesetzlichen Versicherungszwangs unterliegt die Hundehaftpflicht nicht dem Pflichtversicherungsgesetz, erläutert Katrin Rüter vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV): „Die Assekuranzen können deshalb den Vertrag kündigen, wenn ein Hund wiederholt Schadensfälle verursacht.“
Der Halter muss dann einen neuen Versicherungspartner finden. Das kann schwierig werden, wenn der Hund zuvor mehrmals teure Schäden verursacht hat, weiß Udo Kopernik, Sprecher des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH): „Im schlimmsten Fall muss der Besitzer den Hund dann abgeben.“
Damit es nicht dazu kommt, sollten Mensch und Tier eine Hundeschule besuchen. In Skandinavien, Großbritannien und den USA haben die meisten Hundehalter eine Tierkrankenversicherung abgeschlossen, die die Kosten für sämtliche veterinärmedizinischen Untersuchungen und Behandlungen deckt.
In Deutschland hingegen haben sich Tierkrankenversicherungen für Hunde bislang nicht durchgesetzt. „Die Kosten von mehr als 400 Euro im Jahr sind den meisten Haltern viel zu hoch“, sagt Uelzener-Prokurist Großkrüger. „Die Quote der krankenversicherten Hunde liegt unter zehn Prozent in Deutschland.“
Die niedersächsische Assekuranz hat deshalb bereits vor 15 Jahren ihre Hundekrankenvollversicherung wieder vom Markt genommen und bietet nur noch eine Operations-Kostenversicherung zu einem Jahresbeitrag von 150 Euro an.
„Damit können sich Hundehalter zu einem überschaubaren Betrag gegen die hohen finanziellen Belastungen absichern, die bei einer Operation anfallen können“, sagt Großkrüger. Die Ersparnis von mehr als 250 Euro pro Jahr gegenüber einer Vollversicherung übersteige die Kosten, die alle zwölf Monate für Impfungen und Routineuntersuchungen anfielen.
Krankenversicherung für Hunde umstritten
Andere Assekuranzen hingegen bieten Policen, die auch die Kosten für einfache Heilbehandlungen ohne Operation tragen. Impfungen und Routineuntersuchungen sind jedoch nicht abgedeckt. Abgeschlossen werden kann ein Vertrag nur, solange die Hunde ein bestimmtes Alter nicht überschritten haben.
Bei der Allianz beispielsweise müssen sie bei Vertragsunterzeichnung jünger als sieben Jahre sein. Verbraucherschützer sind geteilter Meinung über die Krankenversicherungen. Elke Weidenbach, Versicherungsexpertin der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, jedenfalls rät vom Abschluss einer solchen Police ab. „Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hund eine teure Operation benötigt, ist eher gering.“ Zudem sehen die meisten Policen eine Eigenbeteiligung vor und die maximale Höhe der Kostenerstattung sei gedeckelt.
„Außerdem zahlen viele Versicherungen nur den zweifachen Satz der Gebührenordnung für Veterinärmediziner, während Tierärzte mit dem dreifachen Satz abrechnen können“, sagt Weidenbach. „Trotz Versicherungsschutz müssen Herrchen oder Frauchen dann doch tief in die Tasche greifen.“
Anders sieht das ihr Stuttgarter Kollege Grieble: „Menschen, die sehr an ihrem Tier hängen, aber nur über geringe finanzielle Reserven verfügen, sollten eine Krankenversicherung für ihr Tier abschließen.“ Für die Halter sei es eine erhebliche psychische Belastung, wenn der Hund sterbe oder sich quäle, weil sie die hohen Behandlungskosten nicht tragen könnten.
Sparen können Hundehalter dafür bei der Wahl des Tierarztes. Weidenbach rät, einen Veterinär zu wählen, der bei anderen Hundehaltern einen guten Ruf hat und sich mit dem ein- oder zweifachen Satz begnügt: „Gut muss nicht teuer sein.“ Nach Angaben der Bundestierärztekammer können Veterinäre frei wählen, nach welchem Satz sie abrechnen.
Dies hänge nicht nur von der Schwierigkeit der Behandlung, sondern auch von „den örtlichen Verhältnissen“ ab. In ländlichen Regionen und an der Peripherie der Großstädte begnügten sich Tierärzte meist mit dem ein- oder zweifachen Satz, wissen Verbraucherschützer.
Vorsicht sei auch angebracht, wenn der Tierarzt in seiner Praxis auffällig Werbung für Nahrungsergänzungsmittel mache und in großem Stil teures Hundefutter anbiete, weiß Jutta Ziegler, Veterinär im österreichischen Hallein und Autorin des Ratgebers „Hunde würden länger leben, wenn… Schwarzbuch Tierarzt“.
Darin warnt die Tierärztin, dass viele Veterinäre unnötig Medikamente verabreichen und völlig überteuertes Tierfutter verkaufen würden, um möglichst viel Geld zu scheffeln. Auch VDH-Sprecher Kopernik sieht „Tierärzte mit angeschlossenem Futtermittelverkauf“ äußerst skeptisch: „Ich würde meinen Hund keine Pfote in eine solche Praxis setzen lassen.“