Hunde und Mode Fashion Shows
Immer öfter sind tierische Gäste bei den berühmtesten Fashion-Shows zu sehen. Diese „Teacup Dogs“ sind sogar äußerst willkommen, auch in Stuttgart.
Auf Modeschauen wird die erste Reihe fast selbst wie ein Catwalk: Hier sitzen die Stars Szene, die Alexa Jungs, Anna Wintours und Victoria Beckhams. Manchmal sieht man in der ersten Reihe die Kinder der Modepromis sitzen, neuerdings auch deren Hunde. In New York und London sind Hunde in der begehrten ersten Reihe keine Seltenheit mehr: „Einige schieben ihre Bugaboos, andere haben ihren Mops dabei“, sagt Lifestyle-Journalist Siems Luckwaldt. „Mit Hund bekommt so ein Fashionevent eine menschliche Note.“
Willkommen in der Welt der „doginistas“, der „fashionistas“ der Hundewelt, darunter Zwergspitzhündin Butters, die die amerikanische Stylistin Kristin Knox erstmals 2009 auf der London Fashion Week begleitete und heute regelmäßig zu Gast bei den Laufstegschauen von Mulberry und Matthew Williamson ist.
Herrenmodedesigner Patrick Cox‘ Bulldogge Caeser besetzte im vergangenen Jahr während der London Fashion Week einen prominenten Platz in der ersten Reihe der Burberry-Show und begleitet Herrchen Cox seitdem zu den wichtigsten Gesellschaftsterminen der Stadt, darunter die jährliche Sommerparty der Serpentine Gallery.
In New York brachte das amerikanische Designduo Badgley Mischka neulich seine beiden Beagles mit zum großen Wohltätigkeitsevent „New York’s Fashion’s Night Out“, zur Freude der Glamour-müden Fotografen. Modedesigner Christopher Kunz hat für seinen Boxer längst einen Backstage-Pass besorgt.
VIP-(Very Important Pet)-Status
Die in Mailand lebende Modejournalistin Delphine Hervieu sieht man bei den Schauen in Paris, Mailand und London nicht ohne ihren schokoladenfarbenen Labrador Peter Pan, der sogar in einem eigenen „Blog“ vom Leben als viel gereister Modehund berichtet. Nicht nur bei den Modeschauen erleben Hunde derzeit VIP-(Very Important Pet)-Status: Modedesigner Alexander McQueen vermachte, wie nach seinem Tod bekannt wurde, seinen geliebten Hunden jeweils 50.000 Pfund.
Im Juli zierte „Celebridog“ Pierre mit seinem Besitzer und dem Wimbledon-Sieger Novak Djokovic den Titel der italienschen „L’Uomo Vogue“. Auch in der Werbung sind Hunde die Stars, wie in der Marc-Jacobs-A/W-Kampagne für Louis Vuitton zu sehen, in der zwei japanische Chins den Models die Schau stehlen.
„Man sieht mehr und mehr Hunde bei Fashionevents“, sagt die Londoner Stylistin Rebekah Roy, „vor allem klassische Sorten.“ Heutige „fashion dogs“ sind – mit Ausnahme vielleicht von Marc Jacobs‘ Bullterriern – eher sanfter Natur; beliebt sind weniger exotische oder äußerlich auffällige Rassen als solche, die man laienhaft „very British“ bezeichnen könnte: Yorkshireterrier, Labradore, Bulldoggen. Dass Hunde derzeit angesagt sind, wundert nicht, findet Roy: „Bevor man an ein Kind denkt, kann man sich ein Haustier anschaffen.
Das gefällt vielen Modeleuten. Und klar geht es auch um Status: Einen Hund an seiner Seite zu haben, hat gerade hier in London etwas Feierliches, geradezu Majestätisches.“ Wenn es mit dem Outfit nicht klappt, dann mit dem Hund, wie ein Model während der letzten London Fashion Week bewies, das im Namen einer Handtaschenfirma mit acht Scotties durch Westlondon spazierte und so eine kleine Sensation erzeugte.
Promis setzen auf tierische Begleitung
Tatsächlich ist es in der Modewelt nichts Neues, als stilbewusste oder prominente Person auf tierische Begleitung zu setzen. Schon 1930 schrieb die britische „Vogue“: „The next best thing to having the world at your feet is to have a dog at your heels.“
In einer Welt, in der an Couture-Kleidern klebende Hundehaare als verpönt gelten könnten, haben Hunde tatsächlich schon immer eine bedeutende Rolle gespielt, ob als Co-Models in Mode-Shootings, als Inspirationsquelle oder als Trendbarometer: „Du kannst keinen Stil haben“, erklärte der amerikanische Designer Isaac Mizrahi 1996, „ohne den richtigen Hund“ (für Mizrahi war der richtige Hund ein Schoßhund).
Wie sonst in der Mode repräsentierte eine angesagte Hunderasse breitere gesellschaftliche und politische Trends: Anfang des 20. Jahrhunderts etwa habe man mit dem Orientalismustrend, der über Paris schwappte, mehr in der „Vogue“ abgelichtete Hunde aus dem Nahen und Fernen Osten gesehen, so Judith Watts, britische Modedozentin und Autorin des Buches „Canine Chic“.
Nachdem britische Offiziere nach der Besetzung Pekings Ende des 19. Jahrhunderts fünf Pekinesen aus dem Innersten des kaiserlichen Palastes nach Großbritannien zurückbrachten, wurden nach der Jahrhundertwende Pekinesen gerade bei stylischen Damen in New York wie der Innenarchitektin Elsie de Wolfe beliebt.
Die „Inaugural Pekinese Exhibition“, eine Hundeausstellung im „Plaza Hotel“ im Januar 1911, zog, so die „New York Times“, „zahlreiche Society-Typen“ an. In den 60er-Jahren wiederum galten modische Frauen als zu beschäftigt mit Arbeiten und Feiern, als dass sie sich um mehr als einen unkomplizierten Terrier kümmern konnten.
Hunde als Requisiten bei Mode-Shootings
Für den Modedesigner wiederum diente der Hund schon immer als Inspiration: Vivienne Westwood bezeichnete ihre Terrierhündin Alexandra als „canine muse“. Bis heute gilt in der Modewelt bei der Hundewahl: „looks matter“: Schlanke, elegante Rassen waren schon immer gefragt, wie ein Foto Cecil Beatons von der Duchess of Windsor im eleganten Kleid von Mainbocher beweist: Die meiste Aufmerksamkeit des Betrachters gilt dem neben der Herzogin stehenden Windhund.
Vor allem galten Hunde stets als praktische Requisiten bei Mode-Shootings: Helmut Newton platzierte drei Mischlinge neben einem seiner glamourösen Models und verlieh dem Florida-Ambiente samt Palmen und Strandhütte so ein wenig willkommene Zwielichtigkeit. Und klein mussten sie vor Jahrzehnten schon sein: Das britische 60er-Jahre-Model Jean Shrimpton trug ihren geliebten Terrier Bertie mit sich herum wie eine Handtasche.
„Teacup Dogs“ nennt man solche Hunde, die Promis gerne in ihren It-Bags mit sich herumtragen, sehr zum Leidwesen der Tierschützer.
Die Modehäuser sind nun auf den Trend gekommen: Jaeger brachte kürzlich eine eigens zur Mitnahme eines Hundes entworfene Handtasche auf den Markt, aus beigefarbenem Leder, samt Belüftungsöffnung und waschbarem Innenfutter.
Auch wenn man vermuten könnte, dass es sich bei dem heutigen „fashion dog“ nur um Anhängsel oder Accessoire oder gar um einen It-Bag-Ersatz handeln könnte: Die Modewelt kann trotz Dauergeschnatter sehr einsam sein; mit einem Hund hat man einen echten Verbündeten dabei.
Wenn keiner mit dir redet, dann kann man sich wenigstens mit seinem Hund unterhalten“, sagt Lifestyle-Journalist Siems Luckwaldt. Herrendesigner Patrick Cox bezeichnete seine Bulldogge tatsächlich neulich in einem Interview als seinen „besten Freund“.
Hunde sind die einzigen Freunde, die man mit Geld kaufen kann, schrieb vor vielen Jahren die „Vogue“. Mit Hund bekomme selbst die teuflischste Diva etwas Seele. Auch wenn es beim tierischen Begleiter selbstverständlich nur um innere Werte geht: Auch der beste Freund soll ordentlich aussehen – schließlich bekomme man beim Hundeausführen die einmalige Chance, von den Paparazzi bei einer Tätigkeit fotografiert zu werden, die nicht peinlich sei, sagt Giulia Blasi.
Hundemäntel und passende Schals
Edle und hochwertige Hundeklamotten erleben derzeit einen Boom: Bei „Love My Dog“ in London etwa sind alle Hundepullover aus Schurwolle und handgestrickt. Hunde heute sind Generationen entfernt von dem wilden Wolf und müssen warm gehalten werden. Zu den Stücken, die bei „Love My Dog“ besonders gut laufen, gehört ein Mantel aus Melton Wool.
Die Wolle aus den schottischen Highlands wird traditionell für die Uniformen der Wachsoldaten vor Buckingham Palace genutzt. Zur neuen Herbst-Kollektion gehören Hundemäntel und passende Schals für den Hundebesitzer. Man kann seinen Hund auf seinen Style zuschneidern und das gefällt vielen, gerade in der Modebranche.
Welch ein Glück, würden da einige Hundebesitzer sagen, dass Hunde Emotionen wie Freude, Ängste und Wut spüren könnten, aber keine Gefühle, für die die Fähigkeit zur Selbstbetrachtung notwendig ist, wie Schuld, Peinlichkeit oder Eifersucht. Hund sind schließlich schon lange auf den Laufstegen unterwegs: Bei Mulberry begleiten sie regelmäßig die Models auf den Catwalks (einige favorisieren den Begriff „Dogwalk“).